„Nur wenn alle Zahnräder ineinandergreifen, ist ein solcher Erfolg möglich“
Impressionen vom Sektempfang des Wassersportvereins Schierstein 1921 e. V. für die erfolgreichen Teilnehmer an der Deutschen Kanumeisterschaft (Fotos: Ansgar Kriesel).
Von Manfred Schelbert
Über den Dächern von Schierstein lässt es sich gut aushalten. Auch bei unangenehmem Schnürlregen. Na ja, sprechen wir vielleicht besser vom Dach des Bootshauses des Wassersportvereins Schierstein 1921 e. V. Der Ausblick auf den Schiersteiner Hafen ist jedenfalls phänomenal. Auch bei diesem schlechten Wetter. So eine Brise Mittelmeer ist trotzdem zu riechen.
Genau hierher hatte der Vorstand des WVS am Dienstagabend zum großen Sektempfang für die Teilnehmer des Vereines an den Deutschen Kanurennsport-Meisterschaften in Hamburg eingeladen. Oder sagen wir besser: die erfolgreichen Teilnehmer. Denn die kehrten beladen mit insgesamt neunmal Edelmetall von der Waterkant zurück.
Neunmal! Das muss man sich schon in aller Ruhe auf der Zunge zergehen lassen. Wow, was für eine Bilanz. Gleich viermal gab es auf der Dove-Elbe (die heißt wirklich so!) Gold, zweimal Silber, dreimal Bronze. Es waren die Deutschen Meister Nummer 198 bis 201 in der Geschichte des WVS. Und das ausgerechnet bei den 100. Deutschen Meisterschaften und im 100. Jubiläumsjahr des Vereins. Punktlandung nennt man so etwas. Über die genauen Ergebnisse haben wir bereits in den letzten Tagen ausführlich berichtet.
Vereinschef Edgar Hartung war ebenso in Urlaub wie Präsident Lothar Weckerling. Also übernahm Mathias Barth als für den Leistungssport zuständiger stellvertretender Vorsitzender die Präsentation der erfolgreichen Sportler und führte wortgewandt durch das Programm. „Ich freue mich, dass alle wieder abgekämpft aber gesund hier gelandet sind“, eröffnete Barth seine Rede. Gleichzeitig bedankte er sich bei allen Beteiligten für ihr großes Engagement. „Danke an die RG Baden Württemberg, an das Kanuteam Hessen und alle Trainer. Nur wenn alle Zahnräder in der Maschinerie ineinandergreifen, ist ein solcher Erfolg möglich.“
Birgit Barth, der Leiterin der Kanuabteilung, war es vorbehalten, die einzelnen Sportler den etwa 50 anwesenden Vereinsmitgliedern oder Freunden des Vereines vorzustellen. Der Jüngste im Bunde, der 13-jährige Sven Christochowitz, feierte in Hamburg seine Premiere bei einer Deutschen Meisterschaft. „Cool war es dort“, brachte er seine Gefühle kurz und knackig auf den Punkt. Timon Caesar war derweil froh, dass er bei seiner Premiere nicht Letzter wurde. Der 14-jährige Felix Müller brachte derweil einen anderen Aspekt ins Spiel. „Es war schön zu sehen, wie schnell die Schnellsten in Deutschland sind.“
Marvin Klesing, der in der Juniorenklasse an den Start ging, war zufrieden mit dem Erreichen der Zwischenläufe. Dazu gab er ein Versprechen ab: „Ich hänge mich im Winter rein, damit es nächstes Jahr noch besser wird.“ Nicht ganz zufrieden war Marvin Werner. „Im Einerkajak wollte ich mehr erreichen.“ Es wurde am Ende Rang sieben und Rang neun. Dafür sprang im Viererkajak die Vizemeisterschaft heraus.
Katharina Nikolay machte dagegen aus ihrem Herzen keine Mördergrube: „Ich bin stolz auf mich.“ Bei drei deutschen Meistertiteln kann sie das auch. Und sie wusste, bei wem sie sich vor allem bedanken musste: bei ihrem Trainer Marc Poth. „Ich war überrascht über meine Ergebnisse“, gestand derweil Nikolays kongeniale Partnerin Leni Kliment ein, die in Hamburg zweimal Deutsche Meisterin wurde. Zur Belohnung dürfen beide nun vom 10. bis 12. September im Trikot der Nationalmannschaft an den Olympic Hope Games im tschechischen Racice teilnehmen.
Direkt vom Bundesleistungszentrum in Karlsruhe war Stützpunkttrainer Yannik Hofmann zur Ehrung angereist. Und er war – trotz Schiersteiner- und Salzbachtal-Brücke – sogar rechtzeitig da. „Wir waren froh, dass sich Schierstein vor der Saison uns angeschlossen hat“, sah der 25-Jährige die Gründung des neuen Vereines WVS 2020 im Bundesleistungszentrum Karlsruhe e. V. als einen Schlüssel für die Erfolgsgeschichte der WVS-Kanuten. „Bei uns kann man schließlich Kanu-Rennsport auf höchstem Niveau treiben.“ Mit 16 Titeln gehörte das Team aus Baden Württemberg denn auch zu den erfolgreichsten bei den Deutschen Meisterschaften. Immerhin ein Viertel davon kam unter Beteiligung der WVS-Kanuten zustande.
„Die Zusammenarbeit hätte nicht besser laufen können“, lobte denn auch Hofmann und setzte noch einen drauf: „Vielen Dank für Euren Mut, den Weg mit uns gemeinsam zu gehen.“ Schließlich werde mancherorts in Süddeutschland das Projekt in Karlsruhe mit kritischen Augen gesehen. Bei der Feierstunde über den Dächern von Schierstein spielte dies jedoch keine Rolle. Bei Bratwurst, leckeren Salaten, Sekt und Bier wurde jedenfalls noch zünftig auf die Erfolgsgeschichte angestoßen.