Anatomie eines Erfolges
von Günter Renschin
Zu der nun folgenden Geschichte des sportlichen Erfolges der WVS-Rheingauner bei der
3. gemeinsamen Deutschen Drachenboot-Meisterschaft in Schwerin
am 20.–22. Juni 2014
gibt es eine Menge an Details und Informationen, die ich versuchen möchte zu erzählen. Drei Treppchenplätze, möglichst in allen Farben, sollten es werden, so mein persönlicher Wunsch, geäußert bei unserer letzten Mannschaftsbesprechung vor der DM. Aber es sollte ganz anders kommen und wie!
Aber beginnen wir am Anfang, als es im Januar noch dunkel und kalt war. Hallen‑, Hantel- und Lauftraining, sonntags im Boot, kalt und windig wie der Winter so ist auf dem Schiersteiner Hafen, so ganz alleine, ohne Segler, Motorboote, geschweige denn andere Drachenbootmannschaften. Und dann kamen die ersten Sportlerabsagen, Familie und Gesundheit fordern ihren Tribut, unser Kader für die Saison 2014 schwächte sich zusehends. Aber alle wollten weiter machen, an die Erfolge der letzten Jahre im Jugendboot und der Masters (Ü40) anschließen. Auch unser neu formiertes Breitensportboot (6 Frauen an Bord) suchte Mitstreiter, Ingo und Manuel waren unermüdlich auf Werbetour. Auch Grit und Karl-Heinz, letzterer auch vom Verletzungspech verfolgt, nutzten ihre Kontakte in die deutsche Drachenbootszene um Mitpaddler zu finden.
Es kamen unsere ersten Trainingslager im Februar und am ersten Märzwochenende, gewohnt effektiv, danach die erste Regatta am 14.3.14 beim 12. Langstrecken-Cup über die 21 km in Oberhausen. Ein zweiter Platz wurde erkämpft, hinter den Überfliegern, den „Neckardrachen“ von der Union Böckingen. Am 5.4.14 Teilnahme aller WVS-Rheingauner-Teams bei den Deutschen Langstreckenmeisterschaften und Bestenermittlung im Breitensport in Mülheim/Ruhr, erste Treppchenplätze für das Jugendboot die YoungStars als Zweite, dritter Platz für die Masters Mixed und ein vierter Platz bei ihrem Debüt für unser Breitensportteam, die „Paddelholics“. An Ostern folgte nun unser traditionelles 5‑Tage Trainingslager. Anfang Mai und über Pfingsten die Abschlusstrainingslager der Jugend und der Masters. Und dann waren sie bereits auch schon mal da, die Momente in denen wir das Gefühl hatten, da geht doch was!
Die Reihen der Sportler hatten sich gefüllt, Ingo und Manuel bekamen für das Breitensportboot von den „Wilden Hassianer“ aus Gießen, dem „Schängelexpress“ aus Koblenz und aus Frankfurt Unterstützung. Unser Jugendboot mit den WVS Trainern Achim Berigai und Michael Ach, traditionell unterstützt durch den Ruder- und Kanuverein Sachsenhausen mit Trainer Lars Littfin, erhielt zusätzliche Ünterstützung aus der WVS Kanurennsportmannschaft, vom Wassersport Wiesbaden, den Flodders und nicht zuletzt von der Schulsozialarbeit der Sophie und Hans Scholl Schule unter Mitwirkung von Franjo Schohl. Das 26 köpfigen Mastersteam wurde verstärkt durch 9 Sportler aus Koblenz, Gießen, dem Saarland und Hamburg. Allen Gästen sei herzlich gedankt für ihr Engagement im Training und bei unseren Rennen. Ihr ward schnell Teil unserer Mannschaften und auch Teil des Erfolges, den wir gemeinsam feiern durften und wir sagen, ohne Euch wäre es nicht so gut gelungen!
Nun aber der Reihe nach. Anfang Juni war klar, dass wir zur DM nach Schwerin folgende Boote über die Stecken melden konnten:
Breitensport (Standardboot) | 200m, 500m, 2000m, |
Jugend Mixed Standardboot) | 200m, 500m, 2000m, |
Jugend Open (Kurzboot) | 200m, 500, |
Jugend Damen (Kurzboot) | 200m, 500m, |
Masters Mixed (Standardboot | 200m, 500m, 2000m, |
Masters Open (Kurzboot) | 200m, 500m, |
Masters Damen (Kurzboot) | 200m, 500m, |
Da waren sie nun, Sportler, Trainer und Begleitung über 90 Personen, die nach Schwerin reisen wollten. Schwerin eine Reise wert? Ein klares Ja, 90.000 Einwohner, Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, eingebettet in die durch die Eiszeit geformte Seenlandschaft, eine wunderschön restaurierte Innenstadt, in jedem Falle eine Reise wert. Und ein Fall für Frank, unseren WVS Abteilungsleiter Drachenboot, Organisationstalent und Meister der Excel-Listen! Bereits vor über einem Jahr hatten wir die Jugendherberge, ca. 700m von der Regattastrecke entfernt, gebucht, Reisebus, WVS Mannschaftszelte und das Küchenzelt, Biertischgarnituren, Kücheneinrichtung mit Kühlschränken und ein Wäschetrocker – Nudeln und Kartoffeln, Käse und Wurst, Brötchen beim örtlichen Bäcker bestellt – und so wurden wir das beneidete Team auf dem Teamplatz, dass mit Gerüchen unserer Küche und unserer Ausstattung allen auffiel. Angelika vom FRV Sachsenhausen und Petra , Mama eines WVS-Jugendlichen, waren die unermüdlichen Küchenfeen, die den Energiehaushalt unseres 90-köpfigen Teams bei ihren insgesamt 35 Rennen an den drei Regattatagen im Lot hielten. Aber auch viele andere, die zwischendurch ein bisschen Zeit hatten, halfen in der Küche mit.
Donnerstag, Feiertag nur im Süden, Anreise, gute Stimmung im Bus, sicher gefahren von Ingo´s Vater. Erster Blick auf die Regattastrecke, Zeltaufbau, Abendbrot und dann eine Zwischenüber-nachtung außerhalb von Schwerin, da die Jugendherberge durch den Schüler-Cup in Schwerin mit 130 Schülerteams, noch belegt war.
Freitag, ab 11:00 Uhr freies Training, das wir für das Masters- und Jugendboot im neuen Sagen umwobenen Kurzboot der Firma BuK gebucht hatten. Das neue Rennboot, Nachfolger des BuK Juniorbootes (im WVS das Pinkboot) hatte in Schwerin seine viele beachtete Weltpremiere. Die Daten des neuen Bootes (Vergleichswerte des Juniorbootes): Gewicht 130 kg (150), Länge 9,60m (9,00), Breite 1,00m (1,16 ), erst einmal nicht spannend aber… Die Masters Herren vorneweg, Steuermann „Fröbi“, 10 Männer im Boot, ups ist das wackelig, auch im Damenboot mit Steuermann „Checker“ aus Riesa, ups ist das waAaAackelig. Nur in den Jugendbooten konzentrierte Ruhe, man ist doch etwas leichter und das Kleinhirn noch voll intakt. Aber nach den ersten Metern erstaunen, das Ding läuft ja richtig gut und wenn man Druck auf dem Paddel hat, stabilisiert sich das Boot enorm. Die Zukunft des neuen Racing-Kurzbootes, das im Verlauf dieser Regatta auch seine IDBF Zertifizierung erhielt, hat begonnen. 14:00 Uhr Start des ersten 2000m Langstreckenrennens, Start im 10 Sekundentakt, das Masters Mixed Team kann sich bereits auf der Startlinie durch einen taktischen Fehler der „Neckardrachen I (ND I)“ direkt auf deren Heckwelle platzieren. Leider mussten wir in der dritten Wende diesen Platz, bei vier Booten die gleichzeitig diese Wende anfuhren, aufgeben. So wurde es der dritte Platz hinter ND I und nur 82 hundertstel Sekunden hinter ND II. Das Jugend Mixed Team, im gleichen Rennen hinter den Masters Teams gestartet, 2013 zeitgleich mit SV Breitling Deutsche Meister geworden, 2014 auf der Langstrecken DM von der KG Neckarau geschlagen fuhr ein perfektes Rennen und wurde mit 1,530 Sekunden Vorsprung vor Breitling Deutschen Meister. Unser Breitensporteam kam über die 2000m auf den 9. Platz. Erster Tag, drei Rennen, zwei Medaillen, was ist denn hier los!
Samstag, Entscheidungen über 200m, 8:08 erster Start des Masters Mixed Bootes, gleich Vorlaufsieg und damit Zwischenlauf gespart. Das fängt ja gut an und sollte auch so weiter gehen … Masters Mixed Finale: Silbermedaille, Masters Open Finale: Deutscher Meister, Masters Damen: Silbermedaille; Jugend Mixed: Bronzemedaille, Jugend Open: Deutscher Meister, Jugend Damen: wegen Meldefehler disqualifiziert; Breitensport: Hoffnungslauf; Irgendwie hatte ich da in den Trainingslagern wohl etwas übersehen!
Sonntag, Entscheidungen über 500m, 8:00 Uhr wieder erster Start für die Masters, die scheinen keinen Schlaf zu brauchen. Auch im Finale über die 500m kann das Boot ND II sicher geschlagen werden: Silbermedaille; Masters Open: auch Silbermedaille, im Endspurt geschlagen vom Team „Uckerdrachen“ vom 1. Drachenboot Verein Prenzlau, trotz Niederlage haben sich alle im Team über den Sieg der Prenzlauer gefreut, Glückwunsch nach Prenzlau! Masters Damen: Deutscher Meister und seit der Weltmeisterschaft 2011 in Toronto ungeschlagen über diese Strecke! Jugend Mixed: Silbermedaille, Jugend Open: Silbermedaille, Jugend Damen: Erster Platz und Ausgleich für die Disqualifikation über 200m; Breitensport: 6. Platz im B‑Finale.
Man kann man sich so täuschen, aber im positiven Sinne. Vielleicht liegt es auch an meinem Zusatzjob als DKV Ressortleiter Drachenboot, der mich etwas vorsichtiger in die Zukunft blicken lässt. Leider sind bei der Regatta in Schwerin unsere Bemühungen, um eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Deutschen Drachenboot Verband gescheitet, aber das ist eine andere Geschichte. Meine heutige Geschichte erzählt von den Siegerehrungen bei dieser DM. Heiko Stolp, der Organisationschef dieser Regatta, Drachenbooturgestein und Sprecher bei den Siegerehrungen, wunderte sich, wie viele Rheingauner Teams von ihm aufgerufen werden mussten:
Gesamtergebnis der WVS Rheingauner: | |
Goldmedaillen | 5 Stück |
Silbermedaillen | 6 Stück |
Bronzemedaillen | 2 Stück |
Selten habe ich mich so getäuscht und es hat so viel Spaß gemacht! Ich bin stolz auf Euch.
Ein herzliches Dankeschön aus Schierstein an Heiko, Harald, Chris, Ines und alle Helfer der KRG Schwerin, ihr ward Klasse. Auch einen herzlicher Dank an alle DDV und DKV Kampfrichter.
Euer Günter