Kommentar eines Zuhörers am Ende: Faszinierend, wie alles zusammen geht. Damit umriß er treffend, was Ralf Heidger im Vortrag über 5000 Jahre Segelkultur alles auspackte. Und was noch alles kommen wird. Denn “… in den letzten zwanzig Jahren sind hier enorme Fortschritte wie nie zuvor gemacht worden”, machte es Heidger spannend.
Ralf Heidger zuzuhören ist für Segelfreunde immer ein Genuss. Er weiß viel, hat sich tief in die Thematik seines jeweiligen Vortrags eingearbeitet, zeigt dazu jede Menge sorgsam ausgesuchte, informative Bilder und so lässt man sich schnell mitreißen von seiner spürbaren Begeisterung für das eine oder andere Thema aus der weiten Welt des Segelns.
So auch wieder am Mittwoch (22.02.) im Wassersport-Verein Schierstein 1921 e.V. bei der Winter-Veranstaltungsreihe der WVS-Segler an Steg 2. “Segel und Takelage” lautete der eher nüchterne Titel Heidgers Vortrags. Was für ein Understatement!
Natürlich ging es auch um Segel und Takellage. Aber vor allem, wie die schon vor etwa 5000 Jahren bei den polynesischen Proa genutzt wurden und seit etwa 3000 Jahren bei den chinesischen Dschunken. Interessiert das heute noch? Oh ja! Denn Heidger stellte dar, wie gerade diese uralten Technologien ganz aktuell verwendet werden, um ein völlig innovatives Segel-Kapitel aufzuschlagen. So würde man beispielsweise heute bei den Hightech-Booten des America Cups und anderer Hochleistungsrennen die Technologie der Foils auf die Ausleger der Proa zurückführen können und die Wingsails (Doppel-Segel mit computergesteuertem Lattengeflecht) auf die Segel der Dschunken, deren Latten einzeln zu bedienen sind.
Schiffstypen ohne Ende — und Ralf Heidger mit Begeisterung im Thema
Heidger, der selbst als Skipper jedes Jahr Segeltörns mit WVS-Mitgliedern unternimmt, steigerte den Verblüffungsgrad seines Publikums fast bis zur Häresie als er prophezeite: “Boote werden nicht mehr gebaut werden, um im Wasser zu sein (sondern, um auf Foils über dem Wasser zu gleiten)”. Und das, nachdem er kurz zuvor noch im Zeitraffer der arabischen und europäischen Segler-Geschichte dargelegt hatte, warum etwa die Wikingerschiffe mit ihren die Strömung optimierenden Bootsrümpfen in Klinkerbauweise schneller waren als Schiffe ihrer Zeitgenossen. Höchst spannend alles und mit sehr erhellenden segeltechnischen und historischen Zusammenhängen.
Schließlich noch eine Prophezeiung. “Das Zeitalter der Segler in der Berufsschifffahrt wird wieder auferstehen”, glaubt Heidger. Denn es gäbe derzeit einen kräftigen Innovationsschub mit völlig neuen Segel-Technologien und die Berufsschifffahrt muss dringend neue Wege finden, um sauberer und ökonomischer zu fahren. Wohl wahr.
Und gut, dass wir im WVS solche Referenten und soche Veranstaltungen haben!