Lutz Vonhausen steht die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben. Wenn am kommenden Freitag um punkt halbelf auf der Regattabahn in Mannheim-Sandhofen der erste Startschuss für die Deutschen Jugend-Meisterschaften im Kanu-Rennsport fällt, sind fünf Paddler des Wassersportvereins Schierstein mittendrin im Teilnehmerfeld und nicht nur dabei. Diesmal eine besondere Herausforderung.
Das Problem: Für Sina Kretschmer, Leni Kliment, Katharina Nicolay, Daniel Bürgel und Marvin Alves da Cunha ist das der erste Wettkampf des Jahres. Und dann gleich eine Deutsche Meisterschaft! „Wir wissen deshalb im Moment noch nicht genau, wo wir stehen“, erläutert Vonhausen, einer der Coaches im ambitionierten WVS-Team. Gemeinsam mit Marc Poth, Udo Bürgel und Yves Allinger hat Vonhausen versucht, sein Quintett möglichst optimal auf diesen Saison-Höhepunkt vorzubereiten.
Dass der Trip nach Mannheim ein Schritt ins Ungewisse wird, hat dabei mehrere Gründe. Punkt eins ist natürlich die Corona-Pandemie, die bisher in diesem Jahr für die Kanu-Rennsportler noch keinerlei Wettkampf zuließ. „Ich kann meine Chancen zur Zeit überhaupt nicht beurteilen“, gesteht Katharina Nicolay frank und frei ein. Eigentlich wäre die 14-Jährige in der Schülerklasse bei den Deutschen Meisterschaften in Brandenburg eine der Topfavoritinnen gewesen. Doch die Veranstalter in Ostdeutschland haben die Titelkämpfe coronabedingt abgesagt. Ein schwerer Schlag für Nicolay und ihre gleichaltrige Partnerin Leni Kliment, die vor der Saison aus dem unterfränkischen Langenprozelten nach Schierstein gewechselt war.
Viele entbehrungsreiche Trainingseinheiten sollten damit für die Katz´ sein? Wie sollen sich die Sportler weiter motivieren? Für Lutz Vonhausen und seine Trainerkollegen gab es angesichts der Absage für die Schülerklasse nur eine Alternative. „Sie starten eine Klasse höher bei der Deutschen Jugendmeisterschaft.“ Satzungsgemäß geht das jedoch nur in Mannschaftsbooten. Da Viererkajaks nicht zugelassen sind, blieben nur die Zweierkajaks. Und hier auch nur ein Start im Rahmen der RG Hessen. Wer mit wem paddelt, das wurde in Trainingslagern ausbaldowert. Das letzte am Wochenende im Schiersteiner Hafen. Überhaupt das Training. Bis zu zwölf Einheiten standen pro Woche auf dem Programm. „Zu Beginn der Woche hatte ich noch die volle Kraft, am Ende der Woche wurde es dann zäh“, verdeutlicht Katharina Nicolay, die nun in Mannheim gemeinsam mit Franka Thierfelder (Lampertheim) starten wird. Leni Kliments Bootspartnerin ist Klara von Alwörden (ebenfalls Lampertheim), Sina Kretschmer startet gemeinsam mit Josefine Siemens (Giessen). Die 15-jährige Kretschmer geht außerdem im Einerkajak an den Start.
Eine Wundertüte werden diese Titelkämpfe auch für Marvin Alves da Cunha und Daniel Bürgel. Da Cunha, noch im letzten Jahr Deutscher Schülermeister, gehört nun dem jüngeren Jahrgang in der Jugend an. „Für mich ist das deshalb ein Zwischenjahr“, dämpft er von vorneherein die Erwartungen. Sein größtes Problem in Coronazeiten? „Wir mussten uns alle selbst besonders motivieren.“ Deshalb ist er froh, dass diese Deutschen Jugendmeisterschaften überhaupt stattfinden. Seine Zielsetzung? „Möglichst weit kommen.“ Da Cunha startet im Einerkajak und gemeinsam mit Daniel Bürgel auch im Zweierkajak.
Auch Lutz Vonhausen dämpft die Erwartungen an seine Schützlinge. „Unser Ziel sind einstellige Platzierungen“, verklausuliert er. Was im Klartext eine Endlaufteilnahme wäre. Käme es soweit, wäre wohl auch die Unsicherheit aus seinem Gesicht gewichen.