Start: Sieht gut aus … … immer noch gut … … und dann nicht mehr
Wer springt schon freiwillig im Januar auf ein kleines Brett im eiskalten Wasser des Schiersteiner Hafens? Foil Pumper. Beim WVS trainieren das gerade einige Verwegene.
Muss man Hilfe holen oder ist das nur Sport? Das fragten sich wohl Spaziergänger, die beobachteten, wie ein paar Männer auf dem Paddelsteg des Wassersport-Vereins Schierstein 1921 e.V. an einem Sonntag im Januar mit Anlauf auf ein kleines Bord im Wasser zu springen versuchten – um Sekundenbruchteile später mit großem Platschen in den eiskalten Fluten des Schiersteiner Hafens zu versinken. Und das nicht nur einmal, nein, immer wieder neu. Was treibt die an?
Wie so oft ist das, was Normalmenschen völlig verrückt vorkommt, für die Beteiligten sportlicher Spaß: „Einfach nur ein lustiger Sport“, sagt dazu Dirk Kolbe, Abteilungsleiter Stand-up-Paddling (SUP) im WVS. Dieser neue Sport nennt sich „Foil Pumping“. Ziel ist, sich so lange als möglich auf einem kleinen Surfbrett unter dem ein Hydro-Foil angebracht ist, zu halten. Hydro-Foils sind mehrere oder ein Tragflügel, auf dem Boote – oder wie hier: ein Surfbrett – über das Wasser zischen. Tragflügelboote sind schon seit langem bekannt, Rennjachten mit Foils ebenso, bei Surfbrettern ist diese Technik noch relativ neu. Meist werden Surf-Foil mit einem eigenen kleinen Motor angetrieben. Das hat man auch im Schiersteiner Hafen schon gesehen.
Ein Motor oder Segel fehlt allerdings beim Foil Pumping. Die Surfer versuchen, sich mit reiner Muskelkraft so schnell vorwärts zu bewegen, dass das Board quasi schwebend über das Wasser gleitet. Durch Pump-Bewegungen. Das sieht nicht nur lustig aus, das ist natürlich eine höhere Herausforderung.
Eine noch höhere Herausforderung ist der Start. Um das notwendige Tempo zum Gleiten auf einem Hydro-Foil zu erreichen, werden Foil-Surfer von Motorbooten angeschleppt, aber auch katapultartig mit Bungee-Seilen beschleunigt, oder mit Fahrradfahrern oder sogar Läufern am Ufer ins nötige Anfangstempo gebracht.
Die höchste Herausforderung ist allerdings Foil Pumping mit Dockstart. Und genau das haben die Sportler am WVS-Paddelsteg im Schiersteiner Hafen trainiert. Dabei wird das Board vom Steg aus angeschoben, der Surfer springt auf das schon aus dem Wasser ragende Board und versucht, sich darauf zu halten. Das gelingt, wenn überhaupt, nur über Sekundenbruchteile. Bislang.

Und es sieht eher nach „Verstehen Sie Spaß?“-Aktionen aus, als nach Sport. Das halbe Dutzend Sportler im WVS versteht das tatsächlich als Spaß. Nur drei Hartgesottene unter ihnen – so SUP-Abteilungsleiter Dirk Kolbe, seit über 30 Jahren Wassersportlehrer – trainieren mit Neoprenanzügen auch jetzt, im Winter. Die anderen warten damit lieber die wärmere Jahreszeit ab. „Man muss nur fit sein und nicht allzu viel wiegen“, nennt Kolbe das wesentliche Kriterium zum Ausüben dieser Sportart. Paddeln oder Surfen können müsse man dafür nicht.
Der aktuelle Rekord beim Foil Pumping in einem Süßwasser-Gebiet liegt bei sechs Minuten. Davon sind die WVS-Sportler noch weit entfernt. Aber wer weiß, vielleicht gibt es auch in dieser Sportart bald Wettbewerbe, und darauf wollen die Schiersteiner vorbereitet sein. Vor etwa fünf Jahren waren die ersten Videos mit Foil Pumping aus Hawaii aufgetaucht. Und die haben, so Kolbe, so fasziniert, dass einige das auch hier ausprobieren wollen. Inzwischen gibt es auch in Deutschland eine immer größere Gemeinde von Foil-Pumping-Surfern, Lehrgänge werden dafür angeboten und natürlich sofort auch spezielles Gerät und Ausrüstung. Der Markt ist schnell. Sehr schnell sogar …
Bericht: Dirk Kolbe/Claus von Kutzschenbach, Fotos: Dirk Kolbe