Kinder, Kajaks, Kenterungen – eine spannende Hingucker-Szene für Spaziergänger am Schiersteiner Hafen. Mehr als zwei Dutzend sehr junger Menschen, Mädchen wie Jungs, waren erstmals in den schnittigen Rennkajaks des Wassersport-Vereins Schierstein 1921 e.V. unterwegs. Mehr Kinder als sonst im Sommer üblich. Und das hatte Gründe.
Hier geht es zu wie in einem Taubenschlag: Thomas Albien hat sein Motorboot mitten auf dem Schiersteiner Hafen platziert. Wie ein Wolfsrudel seine Beute, so umkreisen Kinder in ihren Einerkajaks den Nachwuchstrainer des Wassersport-Vereins Schierstein 1921 e.V.. Wegen Corona in gebührendem Abstand natürlich. Mehr als 30 Kinder hat Albien gemeinsam mit seinen Trainerkollegen in diesen Tagen in das Einmaleins des Paddelns in einem Rennkajak eingeführt. Keine einfache Sache, denn bei der Beschaffenheit der windschnittigen Rennkajaks sind Kenterungen vorprogrammiert.
Eigentlich kann Albien so schnell nichts aus der Ruhe bringen. „Doch so einen Zulauf habe ich noch nie erlebt“, staunt der WVS-Coach über den Andrang nicht schlecht. Ein Zulauf, der mehrere Gründe hat. „Wir haben schon Anfang des Jahres Kontakt mit mehreren Schulen aufgenommen“, berichtet Birgit Barth, die Leiterin der WVS-Kanuabteilung. Eichendorffschule, Hafenschule, Diesterwegschule, die Grundschulen im Sauerland und in Walluf, überall liefen Aktivitäten. Flyer- und Plakataktionen wurden ebenfalls gestartet und nun steht man auch noch in Kontakt mit einer KITA. Etwa 25 Kinder, so Albien, wären permanent da, zeigten somit Interesse an der Sportart. Die – und das wird beim Training deutlich – nicht so ganz einfach zu erlernen ist. „Am Anfang drehen sich die Kinder öfters mit ihren Booten wie in einer Badewanne“, verdeutlicht Thomas Albien, sieht diesen Vorgang jedoch als normal an. Auch Kenterungen sind nichts neues, sehen die Kinder bei diesen Temperaturen sogar eher als wohltuend.
Speziell in diesen Corona-Zeiten lässt sich der Zulauf jedoch auch an einer anderen Tatsache festmachen. Da die populären Ballsportarten nicht, oder nur begrenzt, ausgeübt werden durften, finden auch aus diesem Bereich viele Kinder den Weg an den Schiersteiner Hafen. „Fußball geht im Moment nicht, deshalb wollte ich einfach mal ins Paddeln reinschnuppern“, verrät der 12-jährige Joel Lang. „Es hat mir auf Anhieb Spaß gemacht.“ Auch für junge Segel-Anfänger lagen im Wassersportverein Schierstein mehr Anfragen als sonst vor, verdeutlicht Ralf Hoffmann, der zuständige Betreuer des WVS.
Erste Liebe zum Gerät? Wer sein Boot liebt … … der pflegt es Landgang junger Paddel-Novizen
Beim Wassersport-Verein Schierstein nimmt man den Zulauf natürlich mit Wohlwollen zur Kenntnis. Auch wenn er organisatorisch eine Herausforderung ist. So hat man in diesem Jahr extra vier neue Boote für die Anfänger gekauft und vier weitere vom Nachbarverein aus Ginsheim geordert. Gemeinsam mit Thomas Albien sind außerdem etwa ein Dutzend Betreuer und Trainer im Einsatz, helfen immer wieder den gekenterten Kindern zurück in ihr Boot. Manpower pur sozusagen. Bewegung im Freien, der Umgang mit der Materie Wasser, das Gruppenfeeling und das Training des kompletten Körpers, die Palette der Argumente, die für den Kanusport spricht, ist für Birgit Barth groß. Bleibt die Frage der Nachhaltigkeit. Dass einige Kinder wieder abspringen, andere wieder zurück ihren geliebten Ballsportarten gehen, ist groß. Das kann einen wie Thomas Albien aber nicht von seinem Job abhalten. „Das ist immer so.“ Sprach´s und widmete sich wieder seinem Kinder-Kanu-Taubenschlag – oder Wolfsrudel – wie man’s nimmt …
Bericht: Manfred Schelbert, Fotos: Ansgar Kriesel