Ein Bericht des WVS-Umweltbeauftragten Matthias Müller:
Themen des diesjährigen Umweltseminars am 9. November 2019 im Bootshaus des WYC: Strom, der durch die elektrischen Leitungen an Bord fließt, vom Strom der durch Polder gezähmt wird und von einer vielleicht möglichen kleinen Revolution im Bereich Antifouling.
In diesem Jahr war der WYC wieder einmal Gastgeber des von den Landesverbänden Hessen und Rheinland-Pfalz im Deutschen Motoryachtverband (DMYV) unter Beteiligung des Landesverbandes Baden-Württemberg durchgeführten Umweltseminars. Nach den Grußworten des Landesumweltbeauftragten des hessischen Landesverbands, Dr. Arno Grau, und der Präsidentin des hessischen Landesverbands (HELM), Christel Lenarz, berichtete der Präsident des Landesverbandes Rheinland-Pfalz, Gisbert König, über die aktuelle Situation der Kommunikation zwischen dem Bundesverband und den Mitgliedern, den jeweiligen Landesverbänden.
Kommunikation Bundesverband und Vereine: Gisbert König beklagte die nach der Umorganisation der Bundesebene des DMYV zum Verband der Verbände nicht mehr mögliche direkte Kommunikation zwischen der Bundesebene und den einzelnen Mitgliedern und deren Vereinen. Er war deshalb für den interessierenden regionalen Bereich Hessen und Rheinland-Pfalz für die Teilnahme an einer allgemeinen Aussprache in Mainz Kostheim am 30. November 2019. Hierzu ist jedes Mitglied in einem der angeschlossenen Vereine eingeladen, wir bitten deshalb ausdrücklich um Beachtung der Einzelheiten auf der Webseite des HELM.
Schleusen: Bereits in diesem Jahr hat das Bundesverkehrsministerium die Mittel für die Unterhaltung der Schleusen weitgehend gestrichen. Nach dem bisherigen Verfahren haben der Deutsche Motoryacht Verein und der Deutsche Seglerverein jeweils zu gleichen Teilen einen Beitrag von 150.000 € jährlich für den Unterhalt der Schleusen eingesetzt. In Gegenzug konnten die Mitglieder auf eine unentgeltliche Schleusennutzung vertrauen.
Nach der Kündigung dieser langjährigen Übung dürfte für viele Reviere eine Flussbefahrung zum Teil teuer werden. Noch gibt es leider keine Erfahrungen auf dem Nachbarrevier der Lahn, auf dem bereits Motorboote in die Defensive gedrängt werden. Die Regelung der Schleusenbetriebs und seiner Nutzung bleibt nunmehr weitgehend den regionalen Behörden, Verbänden und Interessengruppen überlassen.
Gefahren im Sediment: Es gibt allerdings noch eine gefährlichere Entwicklung mit großen finanziellen Auswirkungen für viele Häfen und Vereine. Ein Referent und Vertreter des Landesverbandes Baden-Württemberg berichtete über die umweltgerechte Sanierung eines relativ kleinen Hafens am Oberrhein, der zur einer bislang finanziell nicht abgeklärten Belastung des örtlichen Vereins geführt hat. Die Gefahr ist nicht das zumeist fließende Gewässer und deren Güte sondern sie lauert im Sediment. Mittlerweile muss in der Regel bei einem Aushub bzw. einer Sanierung das Sediment als Sondermüll entsorgt werden mit ganz erheblichem finanziellen Aufwand.
Für den Hafenbereich in Wiesbaden Schierstein dürfte die Entwicklung noch keine unmittelbare Auswirkung haben. Denn aus Sicht der Kommune mit einem geringen Anteil an der Gewässerfläche ist eine Sanierung des Hafens Sache des Wasserwirtschaftsamts. Allerdings kann bereits jetzt davon ausgegangen werden, dass der allgemeine Druck der öffentlichen Meinung am Ende zu einer kostspieligen Sanierung des Schierstein Hafens führen wird. Dann wird es um die Verteilung der in mehreren Millionen gehende Kosten gehen. Und mit Sicherheit werden einen Teil dieser Kosten von den anliegenden Vereinen getragen werden müssen. Es ist bereits jetzt auf Grundlage der vorliegenden Sedimentuntersuchungen völlig klar, dass der gesamte Aushub im Falle einer Sanierung Sondermüll mit entsprechenden Entsorgungskosten sein wird.
Strom an Bord — viel nützliches Know-how
An diese wenig erfreulichen Aussichten schloss sich das Referat des Vizepräsidenten des Landesverbandes Baden-Württemberg, Dieter Haag, an. Haag beschäftigt sich als einschlägig berufserfahrener ehemaliger Berufsschullehrer im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik mit dem Strom an Bord. Wir weisen auf seine instruktiven und auch für Laien verständlichen Folien in, die auf der Webseite des Landesverbandes Baden-Württemberg www.lvm-bw.de abgerufen werden können. Ich hatte darüber bereits vor einigen Jahren berichtet, mittlerweile hat Herr Haag seine Folien, die seinerzeit Gegenstand eines ausführlichen Referats waren, überarbeitet.
An dieser Stelle soll aber besonderes die Gefahren im Zusammenhang des Einsatzes von Lithium-Batterien hingewiesen werden. Im Falle von einem durch Kurzschluss oder durch äußere Einwirkung verursachten Brands der Batterie entsteht Flusssäure mit dem entsprechenden Gas. Dieses führt zu einer nicht mehr heilbaren Lungenverletzung. Der gute Rat des Referenten war: Hier geht immer Selbsthilfe vor Hilfe.
Polder gegen Rhein-Hochwasser
Der zweite Beitrag des Umwelt-Seminars bezog sich auf die seit mehreren Jahren umgesetzte Planung für die Anlage der für den Hochwasserschutz notwendigen Polder im Bereich Ober – und Mittelrhein. Nach Darstellung von Dipl.-Ing. Heinrich Webler aus Mainz sind mittlerweile 25 Polder im Bereich des Oberrheins angelegt und überwiegend in Betrieb genommen worden. Das Ziel der Planung war die Schaffung einer Rückhaltemöglichkeit im Falle eines Hochwassers von 290 Mio. m ³. Erst die Verwirklichung dieses Ziels garantiert den Hochwasserschutz mit dem Status von 1955, also vor über 60 Jahren. Denn ab diesem Zeitpunkt erfolgte durch Frankreich der Ausbau des Oberrheins mit Wasserkraftwerken. Diese führten zur einer erheblichen Steigerung der Fließgeschwindigkeit und damit einer entsprechenden Minderung der Schutzmöglichkeiten für den Fall eines so genannten zweihundert jährigen Hochwassers. Diese statistische Größe kann bedeuten, dass Hochwasserereignisse mit entsprechenden Folgen mehrfach in einer kurzen Periode erfolgen können, es kann aber eben auch ein Zeitabstand von 200 Jahren eintreten. Jedenfalls ist diese statistische Wahrscheinlichkeit immer eine Rückschau.
Der Klimawandel hat nach Einschätzung des Referenten auf den Rhein selbst nur geringere Auswirkungen, seine Schätzungen gehen von ca. 5 % aus. Dagegen ist für die kleinen Flüsse und Nebenflüsse mit ganz erheblichen Auswirkungen zu rechnen. In diesem Bereich muss mit einer Steigerung der Hochwasserereignisse und 30–40 % und entsprechenden materiellen Schäden gerechnet werden. Zum Vergleich wies Herr Webler auf die Anstrengungen im Bereich des Unterrheins durch die Ausbaumaßnahmen in den Niederlanden ihn. Die Niederlande planen mit einem Hochwasserereignis von 1000 Jahren. Immerhin war die Magdalenenflut im Jahre 1342 ein solches Ereignis, das als Folge einer so genannten Vb-Wetterlage zur völligen Überschwemmung des heutigen Innenstadtgebiets vom Mainz und Frankfurt führte.
Auch Deutschland versucht, Planungen für Polder umzusetzen, die im Falle eines extremen Hochwasserereignisses die Innenstadtbereiche der Anlieger-Städte schützen können. Bis dahin allerdings ist der Weg noch weit, insbesondere wegen der zahlreichen und in der Regel juristisch ausgefochtenen Beschwerden betroffener Gemeinden oder auch einzelner Bürger.
Der für unsere Revier ortsnahe Polder kann bei Ingelheim besichtigt werden, vom Rhein aus ist dieser Polder nicht sichtbar.
Antifouling: Revolutionäres Verfahren
Der dritte Beitrag war besonders interessant für alle Bootsbesitzer. Denn zumindest jeder Besitzer eines für längere Zeit im Wasser liegenden Bootes muss sich mit dem Problem des Schutzes de des Unterwasserschiffs beschäftigen. Die letzten Jahre waren insoweit durch Versuche der Hersteller von für den Binneneinsatz geeigneten Antifouling Anstrichen gekennzeichnet. Das Ziel der Hersteller sollte darin liegen, biozidfreie Anstriche auf dem Markt anzubieten. Der Referent, Dipl.-Ing. Joachim Müller von der Firma it-Coaching, stellte nun ein in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Motoryachtverein entwickeltes neuartiges Produkt vor. Mittlerweile ist das Produkt über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren erfolgreich auch im Rheinwasser getestet worden. Leider haben die bekannten Vertriebsgesellschaften die Aufnahme des Produkts in ihr Sortiment abgelehnt. Denn es genügt ein Anstrich der sehr dünnen Lösung und damit dem Einsatz einer geringen Menge gegenüber früher üblichen Mengen von 2–3 Dosen für ein 7–8 m Boot. Der Absatz von Gebinden mit einem Inhalt von einem halben oder einem Liter ist aber für die meisten Anbieter uninteressant.
Weitaus bedeutsamer ist aber, dass das neuentwickelte Antifouling nach dem bisherigen Test erst nach drei und vermutlich noch mehr Jahren ergänzt werden muss. Auch hier ist die Anwendung denkbar einfach und insbesondere wenig zeitraubend. Allerdings muss nach den gemachten Erfahrungen der Unterwasserbereich alle 6 Monate gesäubert werden. Da der Anstrich biozidfrei ist, kann die Säuberung des Unterwasserbereichs am Boot im Wasser erfolgen. Dagegen ist eine im Wasser erfolgende Säuberung der Antifouling Beschichtung regelmäßig ein Verstoß gegen die wasserschutzrechtlichen Bestimmungen. Denn nach Aussage von Herrn Müller enthalten die meisten als biozidfrei auf dem Markt angebotenen Produkte Zinnverbindungen mit hohen toxischen Auswirkungen auf das Gewässer und Sediment.
Die entsprechenden Auswirkungen der bisher üblichen Produkte sind erschreckend. Im Bereich des Steinhuder Meeres haben die Untersuchungen der Behörden im Sediment zu einem Nachweis von 0,5 kg Kupfer nach einer Saison bei 18,5 qm Unterwasserbereich (also ein typisches 7,5 m Segelboot mit Kiel) geführt.
Die detaillierte Beschreibung ist auf der Homepage des Herstellers it Coating GmbH, Fabrikstrasse 3, 48599 Gronau zu finden (www.boatprotect.de). Außerdem gibt es auf der Homepage des DMYV (https://www.dmyv.de/) Hinweise mit Bezugsquellen.